Besetzt eure Städte!
In der BRD, wo das Vermögen der Bevölkerung so ungleich verteilt ist wie in keinem anderen Euro-Staat, sind zwei Millionen Wohnungen nicht bewohnt, während Grund- und Immobilienbesitz den größten Teil des Nettovermögens der reichen Bevölkerung ausmachen. In Hamburg, als reichster Stadt der BRD, leben etwa 1.200 Menschen auf der Straße, während 3.000 Wohnungen leer stehen. Laut Angaben der Stadt fehlen insgesamt über 40.000 bezahlbare Wohnungen, im Jahr 2017 werden es 50.000 sein. Und während Menschen bei horrenden Courtage-Forderungen und Kalt-Quadratmeter-Preisen, die fünf Euro über dem Bundesdurchschnitt liegen, in Parks und unter Brücken schlafen, profitieren andere vom Leerstand und spekulieren mit allein 1,4 Millionen m² ungenutzten Büroflächen.
Dass Wohnraum durch die starken Preissteigerungen immer knapper und exklusiver wird, wird mittels steigender Einwohner_innenzahlen zum Naturgesetz erklärt. Das unterschlägt, dass Wohnungspolitik auch Umverteilungspolitik sein könnte, und es durchaus politische Entscheidungen waren, die die Weichen für diese Entwicklung gestellt haben. Anstatt die Vergabe von Wohnungen von sozialen Kriterien abhängig zu machen und zum Beispiel in Gentrifizierungs-Brennpunkten städtische Wohnungen vorrangig an Hartz-IV-Empfänger_innen zu vergeben, wurden solche Wohnungen häufig an private Fonds verkauft. Zwar war das Hamburger Gesetz zum Schutz von Wohnraum, das Bußgelder von bis zu 50.000 € für Vermieter_innen androht, die ihre Wohnungen mehr als drei Monate lang nicht vermieten, ein Schritt in die richtige Richtung. Doch gemeldete Leerstände werden von den zuständigen Bezirksämtern kaum geahndet.
Mit Leerständen und Spekulationskäufen einher gehen nicht nur Verdrängung und steigende Wohnungsnot, sondern auch die Verunmöglichung sozialer Freiräume einerseits und die Umwandlung öffentlicher Räume in Privateigentum andererseits (so etwa geschehen am Hamburger Spielbudenplatz, über dessen Nutzung seit 2006 eine Betreiber_innengesellschaft entscheidet). Angesichts der kapitalistischen Wohnungspolitik, die letztlich nicht die Grundbedürfnisse der Menschen, sondern den Profit der Eigentümer_innen in den Vordergrund stellt, werden Hausbesetzungen als Druckmittel und Symbol gegen die herrschenden Verhältnisse immer wichtiger. Mehr und mehr Initiativen, die mit dem Kampf um die Häuser auch den Kampf für ein besseres Leben verbinden, haben sich im Laufe der letzten Jahre gegründet, begonnen mit der Besetzung des Hamburger Gängeviertels 2009, über den Kampf um die Marktstraße 137, bis hin zu diversen Besetzungspartys des 2012 gegründeten Bündnisses „Schlaflos in Hamburg“. Viele der Aktionen zogen massive Repression in Form von Hundertschaft-Einsätzen mit Pfefferspray und Anzeigen wegen Hausfriedensbruch nach sich.
Um diesen Verhältnissen etwas entgegensetzen zu können, finden vom 27. bis 31. August die „Hamburg Squatting Days“ statt. Die DIY-Konferenz beschäftigt sich mit den Bedingungen für eine erfolgreiche Hausbesetzung, der Geschichte der Hausbesetzer_innenszene in Hamburg und der BRD, Leerstand, Wohnraumkämpfen und vielem mehr. Am 30. August ist darüber hinaus ein bundesweiter Aktionstag zum Thema Hausbesetzung geplant.
Informationen zu den rechtlichen Konsequenzen einer Besetzung und dem richtigen Umgang damit gibt es zusätzlich in der Broschüre „Hausbesetzung und Repression“ der Hamburger Ortsgruppe der Roten Hilfe.